Von konservativ bis sportlich – die Aufsichtsbehörde Finma stellt fest, dass die Banken sich stark unterscheiden bei der Hypothekenvergabe für Immobilien.
Niklaus Vontobel / ch media
Unklar: wie stabil die Immobilien hierzulande finanziert sind, ist schwer zu sagen.Bild: Annick Ramp/ch media
Es geht um richtig viel Geld. Die Banken haben in der Schweiz über 1000 Milliarden Franken an Hypotheken vergeben. Additionally mehr als eine Billion. Gemäss den neuesten Zahlen der Schweizerischen Nationalbank sind es rund 1164 Milliarden Franken.
Das entspricht dem Anderthalbfachen der jährlichen Wirtschaftsleistung in der Schweiz, dem Bruttoinlandprodukt. Es entspricht intestine zwei Drittel der Bilanzsumme der neuen UBS, nachdem sie die Credit score Suisse übernommen hat. Bei den Schweizer Banken, die sich auf das Inland konzentrieren, machen Hypotheken ungefähr 90 Prozent aller Kredite aus.
Der Hypothekarmarkt als Ganzes ist damit sicherlich «too large to fail» – additionally wirtschaftlich zu bedeutend, als dass ihn Politik und Behörden einfach so einer Abwärtsspirale überlassen könnten.
Eine solche Spirale könnte es beispielsweise durch einen Zinsschock geben. Hypothekarkredite würden nicht mehr bedient werden können, Immobilien unter Druck verkauft, die Preise sinken und Hypothekarkredite nicht mehr genügend abgesichert sein.
Am Ende geraten Banken in Schieflage. Das kann wiederum die Kreditversorgung der Wirtschaft auf Jahre hinaus schwächen und somit auch das Wachstum. Es hat sich in der Geschichte immer wieder gezeigt: Immobilienkrisen sind teuer.
Kein Wunder schaut die Finanzmarktaufsichtsbehörde (Finma) ganz genau auf diesen Hypothekarmarkt. Sie rechnet vorbeugend vor, welches die Folgen wären, wenn es tatsächlich schieflaufen sollte an diesem 1,2-Billionen-Franken-Markt. Und sie will genau wissen, wie die Banken ihre Hypotheken vergeben und nach welchen Kriterien. Was sie da sieht, gefällt der Finma anscheinend nicht wirklich.
Die Ausnahme droht zur Regel zu werden
Auf Anfrage sagt die Behörde: «Die Finma beobachtet, dass etliche Banken nicht nachhaltige Kreditvergabekriterien anwenden. Sie überschätzen tendenziell die Tragbarkeit der Kreditnehmenden.»
Konkret gemeint sei damit, ein zu tiefer kalkulatorischer Zinssatz, aber auch zu hohe Maximallimiten für das Verhältnis zwischen Lasten und Einnahmen oder ein zu hoher Anteil an Krediten ausserhalb der eigenen Vergabekriterien.
«Dies ist nicht im Sinne der Selbstregulierung der Bankiersvereinigung», so die Finma weiter. Gemäss dieser legen die Banken selbst fest, nach welchen Kriterien sie beurteilen, ob ein Kreditnehmer eine Hypothek tragen kann oder nicht.
Im Sinne von Ausnahmen können sie von diesen Kriterien abweichen und Exception-to-Coverage-Geschäften tätigen. Doch es gilt, was die Finma so formuliert: «Die Tragbarkeit hat auf nachhaltigen Komponenten zu beruhen und die Exception-to-Coverage-Geschäfte müssen Ausnahmen darstellen.»
Was für Kriterien wenden die Banken typischerweise an, wenn sie Kredite vergeben? Dem Vernehmen nach gibt es grosse Unterschiede, aber es lassen sich einige Faustregeln aus der Praxis der Banken nennen.
Die Kreditnehmer sollten eine Hypothek auch dann tragen können, wenn sie einen sogenannten kalkulatorischen Zinssatz von 4,5 oder 5 Prozent zahlen müssten. Und tragen kann ein Haushalt seine Zinskosten dann, wenn diese auch bei diesen kalkulatorischen Sätzen von 4,5 oder 5 Prozent nicht mehr als ein Drittel des Einkommens ausmachen würden.
Bei ungefähr diesem Drittel des Einkommens wird im Allgemeinen die sogenannte «Tragbarkeitsschwelle» verortet. Wird sie bei einem Zinssatz von 4,5 oder 5 Prozent überschritten, lehnen Banken einen Antrag auf eine Hypothek in der Regel ab.
Ausnahmen von solchen bankinternen Regeln sind eben gemäss Selbstregulierung an sich erlaubt. Nicht jeder Haushalt passt schliesslich genau ins Schema. Aber die Financial institution sollte solche Ausnahmen enger verfolgen, generell zusätzliche Vorsichtsmassnahmen treffen – und es sollten tatsächlich Ausnahmen bleiben. Laut Finma ist dies jedoch nur bedingt der Fall: «Etliche Banken vergeben einen zu hohen Anteil an Krediten ausserhalb der eigenen Vergabekriterien.»
Die Regulierung muss sich erst bewähren
Läuft da additionally insgesamt etwas schief?
Es sei schwierig, ein generelles Urteil abzugeben, sagt der Sprecher. «Die Selbstregulierung lässt unterschiedliche Tragbarkeitskriterien zu.» Insbesondere gebe es grosse Unterschiede, wie Banken beurteilen, ob ein Kunde oder eine Kundin eine Hypothek tragen kann. «Die Kreditvergabepolitik reicht von konservativ bis sportlich.»
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erhebt Zahlen zur Kreditvergabe, die zwar auch kein generelles Urteil erlauben, jedoch eine generelle Tendenz aufzeigen. In ihrem Stabilitätsbericht heisst es dazu: «Die Tragbarkeitsrisiken nahmen 2022 weiter zu und setzten damit den in den letzten Jahren beobachteten Pattern fort.»
Mit diesen «Tragbarkeitsrisiken» ist gemeint, dass viele Kreditnehmer ihre Zinsen nicht mehr zahlen können. Um dieses Risiko abzuschätzen, werden Einnahmen oder Einkommen verglichen mit den Zinskosten, welche die Kreditnehmer bei einem bestimmten Zinsniveau hätten.
Es fehlen genauere Zahlen
Bei kommerziellen Immobilienunternehmen sehen nach diesem Kriterium etwa 20 Prozent aller neuen Hypotheken wacklig aus. Schon bei einem Zins von 3 Prozent müssen sämtliche Mieteinnahmen aufgewendet werden, um die Zinsen bezahlen zu können. Vor zehn Jahren waren es nicht halb so viele.
Bei privaten Haushalten, die Immobilien zur Weitervermietung gekauft haben, sind es 30 Prozent aller neuen Hypotheken, bei denen bei 3 Prozent Zins ebenfalls alle Mieteinnahmen weg sind. Auch hier waren es zehn Jahre zuvor bloss halb so viele.
Bei neuen Hypotheken für selbst genutztes Wohneigentum sind es 20 Prozent aller neuen Hypotheken, die zu denken geben. Hier wäre bei einem Zins von 3 Prozent schon ein Drittel des Einkommens weg. Dieser Anteil ist immerhin in den vergangenen Jahren ungefähr gleich geblieben, es gab keine Zunahme.
Das bedeutet nun nicht, dass 20 bis 30 Prozent aller Hypotheken den Bach runtergehen würden. Wie die SNB in ihrem Stabilitätsbericht schreibt, hat sie sehr «konservativ» gerechnet. Sie hat zum Beispiel bei privaten Haushalten, die Immobilien zur Weitervermietung gekauft haben, nicht alle Arten von Einkommen erfasst. Additionally nur die Mieteinnahmen und nicht allfällige Löhne und andere Einkommen.
Somit magazine die Statistik der SNB die Lage am Hypothekarmarkt düsterer erscheinen lassen, als sie es tatsächlich ist. Oder vielleicht auch nicht. Man weiss es schlicht nicht genau genug. Es fehlen die Daten. Und damit kann weder die SNB noch die Finma zufrieden sein – zumal es um Schulden von 1.2 Billionen Franken geht. (aargauerzeitung.ch)